Reverse Charge
Der „Normalfall“ ist einfach: Der Ersteller der Rechnung weist diese auf seiner Rechnung aus und führt diese auch an das Finanzamt ab. In bestimmten Fällen kann es aber bei Geschäften zwischen Unternehmen auch zu einem Reverse-Charge, also zu einer Umsatzsteuerschuld des Leistungsempfängers kommen. Hier muss dann also der Leistungsempfänger (Kunde) die Umsatzsteuer entrichten.
Wenn du direkt zu den Beispielbuchungen in SKR 03 und SKR 04 willst, kannst du hier nach unten springen.
Warum Reverse-Charge?
In vielen Fällen ist die erbrachte Leistung im Land des Leistungsempfängers (Kunde) umsatzsteuerpflichtig. Daraus ergeben sich ein paar Herausforderungen, welche der Gesetzgeber mit dem Reverse-Charge Verfahren für Geschäfte zwischen Unternehmen vereinfachen möchte.
Vereinfachung: Es kann sowohl für das Finanzamt als auch den Leistungserbringer einfacher sein, wenn die Umsatzsteuer nicht über Landesgrenzen hinweg abgeführt werden muss, sondern der Leistungsempfänger die Steuern an sein lokales Finanzamt abführt.
Vermeidung von Steuerbetrug: Das Reverse-Charge Verfahren hat das Ziel, das Risiko der Umsatzsteuerbetrüge zu senken. Beim sogenannten Karussellbetrug arbeiten mehrere Unternehmen aus unterschiedlichen EU-Staaten zusammen. Dabei führt eine der Parteien die einbezogene Umsatzsteuer nicht ab. Währenddessen machen die weiteren involvierten Abnehmer die Vorsteuer geltend und erhalten sie vom Finanzamt erstattet.
Welche Leistungen fallen unter das Reverse-Charge Verfahren?
Das wichtigste vorab: Das Reverse-Charge Verfahren kommt nur zum Einsatz, wenn zwei Unternehmen ein grenzübergreifendes B2B Geschäft abschließen. Die Regeln können von Land zu Land variieren.
Definiert werden die Leistungen in § 13b UStG, insbesondere § 13b Absatz 2 UStG
(2) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats:
§ 13b UStG Absatz 2
- Werklieferungen und nicht unter Absatz 1 fallende sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers;
- Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens;
- Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen;
- Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. Als Grundstücke gelten insbesondere auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Nummer 1 bleibt unberührt;
- Lieferungen
a) der in § 3g Absatz 1 Satz 1 genannten Gegenstände eines im Ausland ansässigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g und
b) von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität, die nicht unter Buchstabe a fallen;- Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, zertifizierten Emissionsreduktionen nach § 2 Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, Emissionszertifikaten nach § 3 Nummer 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes sowie von Gas- und Elektrizitätszertifikaten;
- Lieferungen der in der Anlage 3 bezeichneten Gegenstände;
- Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen. Nummer 1 bleibt unberührt;
- Lieferungen von Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel, in Rohform oder als Halbzeug (aus Position 7108 des Zolltarifs) und von Goldplattierungen mit einem Goldfeingehalt von mindestens 325 Tausendstel (aus Position 7109);
- Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
- Lieferungen der in der Anlage 4 bezeichneten Gegenstände, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
- sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Nummer 1 bleibt unberührt.
Pflichtangaben auf einer Reverse-Charge Rechnung
Eine Rechnung im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahrens muss bestimmte Pflichtangaben enthalten, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Diese Pflichtangaben sind im Umsatzsteuergesetz (UStG) und der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) festgelegt. Zu den wichtigsten Pflichtangaben auf einer Reverse-Charge-Rechnung gehören:
- Rechnungsdatum: Das Datum, an dem die Rechnung ausgestellt wurde.
- Name und Anschrift des leistenden Unternehmers: Die vollständigen Angaben des Unternehmens, das die Leistung erbracht hat.
- Name und Anschrift des Leistungsempfängers: Die vollständigen Angaben des Unternehmens, das die Leistung empfangen hat.
- Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des leistenden Unternehmers
- Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Leistungsempfängers: Die USt-IdNr. des Leistungsempfängers sollte davor ebenso validiert werden.
- Fortlaufende Rechnungsnummer
- Lieferdatum oder Zeitpunkt der Leistung
- Art und Menge der erbrachten Leistung
- Nettobetrag der Leistung
- Zahlungsziel
- Vereinbarte Preisminderungen: Zum Beispiel Skonto
- Hinweis auf die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens: Eine explizite Erklärung, dass das Reverse-Charge-Verfahren angewendet wird. Dieser Hinweis sollte klar und deutlich sein, damit der Leistungsempfänger erkennen kann, dass er die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss
Wie kann man den Reverse-Charge richtig buchen?
Hier möchten wir dir noch ein paar praktische Buchungsbeispiele für Eingangs- und Ausgangsrechnungen im SKR 03 und SKR 04 zeigen. Die Buchung erfolgt jeweils netto.
Buchung durch den Leistungserbringer
Wir behandeln im ersten Beispiel eine innergemeinschaftliche Lieferung von Waren.
- SKR 03: 1200 „Bank“ (Soll) an 8125 „Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung §4 Nr. 1b UStG“ (Haben)
- SKR 04: 1800 „Bank“ (Soll) an 4125 „Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung §4 Nr. 1b UStG“ (Haben)
Als zweites Beispiel behandeln wir nun noch ein Beispiel zu sonstigen Leistungen.
- SKR 03: 1200 „Bank“ (Soll) an 8336 „Erlöse aus im anderen EU-Land steuerpflichtigen sonstigen Leistungen“ (Haben)
- SKR 04: 1800 „Bank“ (Soll) an 4336 „Erlöse aus im anderen EU-Land steuerpflichtigen sonstigen Leistungen“ (Haben)
Buchung durch den Leistungsempfänger (Steuerschuldner)
Wir behandeln hier das Beispiel eines innergemeinschaftlichen Erwerbs. Es kann noch weitere Fälle wie andere oder sonstige Leistungen geben.
- SKR 03:
- Erwerb (netto) 3425 „„“Innergemeinschaftlicher Erwerb 19% Vorsteuer und 19% Umsatzsteuer“ (Soll) an 1200 „Bank“ (Haben)
- Verbuchung der Steuer: 1574 „Abziehbare Vorsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 19%“ (Soll) an 1774 „Umsatzsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 19%“
- SKR 04:
- Erwerb (netto) 5425„„“Innergemeinschaftlicher Erwerb 19% Vorsteuer und 19% Umsatzsteuer“ (Soll) an 1800 „Bank“ (Haben)
- Verbuchung der Steuer: 1404 „Abziehbare Vorsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 19%“ (Soll) an 3804 „Umsatzsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 19%“ (Haben)
Als zweites Beispiel nochmals die sonstigen Leistungen aus sicht des Leistungsempfängers:
- SKR 03:
- Erwerb (netto) 3123 „Sonstige Leistungen § 13b 19% Vorsteuer und 19% Umsatzsteuer“ (Soll) an 70000 „Kreditor Konto“ (Haben)
- Verbuchung der Steuer: 1574 „Abziehbare Vorsteuer § 13b UStG 19%“ (Soll) an 1774 „Umsatzsteuer nach § 13b UStG 19%“
- SKR 04:
- Erwerb (netto) 5923 „Sonstige Leistungen § 13b 19% Vorsteuer und 19% Umsatzsteuer“ (Soll) an 70000 „Kreditor Konto“ (Haben)
- Verbuchung der Steuer: 1407 „Abziehbare Vorsteuer § 13b UStG 19%“ (Soll) an 3804 „Umsatzsteuer nach § 13b UStG 19%“ (Haben)